Hüttentour im Virgental: Tagesetappe 6
- manuelhoettges7
- 13. Nov. 2022
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Nov. 2022
Neue Prager Hütte über Innergschlöss nach Außergschlöss

Eigentlich wäre für heute die Besteigung vom Großvenediger geplant gewesen. Unser Bergführer hatte jedoch am Vortag entschieden, die Tour nicht stattfinden zu lassen, weil es die Witterungsverhältnisse in der Höhenlage einfach nicht zulassen. Und unser Blick am nächsten Morgen aus dem Fenster unseres Schlafraums in der Neuen Prager Hütte zeigt, dass die Wetterprognose stimmt. Es hat nachts etwas geschneit und wenn es auf knapp 2.800 Metern schneit, dürften die Verhältnisse knapp 900 Meter weiter oben nicht viel besser sein.
Weil wir eigentlich auf der anderen Seite des Großvenedigers wieder abgestiegen wären und dort noch einmal auf dem Defreggerhaus übernachtet hätten, verkürzt sich unsere Tour um einen Tag.
Wir steigen also heute schon ab.
Nach dem Frühstück sammeln wir unsere Klamotten aus dem Trockenraum, freuen uns über warme Schuhe und machen uns gemeinsam mit den anderen dreien, mit denen wir uns hier für die geplante Gipfeltour mit Bergführer verabredet hatten, an den Abstieg.

Die anderen legen ein ordentliches Tempo an den Tag, was uns bei den eher usseligen und vor allem rutschigen Verhältnissen etwas zu schnell ist. Wir bleiben zwar immer in Sichtweite, aber wir gehen unser Tempo. Etwas unterhalb der Alten Prager Hütte, die hier als begehbares Museum wiederaufbereitet wurde, geht der leichte Schnee in feinen Regen über und die Sicht wird besser. Von hier aus haben wir einen guten Blick auf die Gletscherzungen des Schlatenkees und stellen fest, dass die an einigen Stellen schon eingebrochen sind. Als wir ein Jahr zuvor, im Frühjahr 2018 hier waren, konnten man lediglich an einer Stelle eine kreisrunde Formation im Eis erkennen, die ein Jahr später schon deutlich eingesackt ist. Heute, im Jahr 2022, befindet sich an dieser Stelle ein kleiner See. Der Gletscher hat sich in den vergangenen Jahren deutlich zurückgezogen.

Gegen 11 Uhr, zwei Stunden, nachdem wir die Neue Prager Hütte verlassen haben, stehen wir das erste mal seit knapp 6 Tagen wieder auf dem Talboden. Zwar sind wir hier immer noch auf gut 1.700 Metern Höhe, aber wir sind wieder unten.
Wir verabschieden uns von zwei der drei, mit denen wir heute eigentlich die Gipfeltour gemacht hätten, die schon mal in ihrem Tempo vorgehen. Markus, den wir wie die anderen im Rahmen unserer Tourplanung für die Gipfelbesteigung gewinnen konnten, bleibt bei uns und wir gehen gemeinsam den Fahrweg weiter talabwärts in Richtung Innergschlöss.

Hier machen wir kurz Rast und weil man sich ja sonst nichts gönnt, nehmen wir uns hier ein Taxi. Das heißt: eine Pferdekutsche, denn bis auf wenige Ausnahmen ist hier im hinteren Teil des Tals kein Autoverkehr erlaubt. So legen wir die letzten Kilometer bis Außergschlöss im schaukeligen Anhänger des Pferdetaxis zurück, nehmen erstmals wieder Kontakt zur Zivilisation auf und informieren alle darüber, dass wir wieder gut unten angekommen sind. Einen Tag zu früh, aber gesund und mit einem Rucksack voller Erinnerungen, an die wir uns gerne zurückerinnern.

Von Außergschlöss nehmen wir den Bus bis Matrei und müssen dort einmal umsteigen, um mit einem anderen Bus weiter nach Prägraten zu fahren. In Matrei verabschieden wir uns von Markus, mit dem wir trotz der kurzen gemeinsamen Zeit auch heute noch hin und wieder über Instagram Kontakt haben und rufen im Defreggerhaus an, dass wir nicht kommen werden.
Schließlich kommt der Bus, der uns nach Prägraten bringt. Von der Hauptstraße im Dorf gehen wir die Straße hinauf zum Bichl, dem dorfeigenen Ski-Hügel, freuen uns, dass unser Auto dort noch steht, geben in der Unterkunft, wo wir vor unserem Tourbeginn einmal übernachtet hatten, kurz Bescheid, dass wir wieder wohlbehalten wieder unten angekommen sind, und werfen unsere Rucksäcke ins Auto.

Weil wir einen Tag früher als geplant zurück sind, müssen wir uns spontan eine Unterkunft suchen und werden weiter hinten im Tal bei einer etwas versteckten und unscheinbaren Pension fündig.
Wir gehen das erste mal seit wir losgegangen sind wieder vernünftig duschen und fahren abends nach Prägraten essen. Das offizielle Ende unserer Mehrtagestour durch die Venedigergruppe.

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Obwohl das alle mittlerweile über drei Jahren her ist und dazwischen nicht gerade wenig passiert ist - Corona, wir haben geheiratet, Corona, wir sind Tante und Onkel geworden, Jobwechsel, Corona, Ukraine - sind insbesondere beim Durchgehen der Fotos von der Tour sehr viele einzelne Situationen immer noch sehr präsent. Gar nicht mal die Situationen, die auf den Fotos zu sehen sind, und auch nicht unbedingt besondere Momente. Es sind einfach Momentaufnahmen im Kopf - die aufziehenden Wolken im Maurertal hinter der Essener-Rostocker-Hütte, die leichte Blockkraxelei vor dem Aufstieg zur Kreuzspitze, das Summen der Bienen am Eselsrücken, die Blaubeeren nach der Galtenscharte auf dem Weg zur Badener Hütte, die geschwungene Passage auf der Moräne neben den Gletschern des Venedigermassivs.
Das ganze hat uns einfach unfassbar viel Spaß gemacht.





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